Die Idee für die Veranstaltung „Senioren leben im Quartier“ war im größten Hamburger Bezirk, in Wandsbek, nach einer Heimtour entstanden. Dabei werden auf Initiative des Bezirksseniorenbeirates Pflegeheime besucht, um sie besser kennenzulernen. Während der Tour tauchte die Frage auf, welche Alternativen es zu Heimen gibt, weil die meisten Menschen doch lieber so lange es geht in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben möchten. Der Bezirksseniorenbeirat (BSB) entwickelte bald ein entsprechendes Konzept für einen Fachtag, um über die Beratungsmöglichkeiten in Sachen ambulante Pflege, Barrierefreiheit für zu Hause, finanzielle Unterstützung etc. zu informieren. Dieser Fachtag hat nun stattgefunden, mit sehr guten Referent*innen, einer kurzen Podiumsdiskussion und intensiven Gesprächsrunden.
Der Verein Barrierefrei Leben e.V. gab einen umfassenden Überblick über mögliche Umbaumaßnahmen für Bad, Küche und Hauszugang und empfahl, einen Besuchstermin zu vereinbaren, da man sich gratis und neutral beraten lassen und in einer Musterausstellung Barrierefreiheit auch erleben kann. Auch auf der Homepage des Vereins gibt es reichlich Informationen zur Wohnberatung.
Anschließend ging es um eine gute Nahversorgung, was bedeutet: Güter des täglichen Bedarfs sollen in einem Umkreis von 500 bis 800 Metern von der Wohnung fußläufig erreichbar sein. Keine Stadtplanungsbehörde kann natürlich ein Geschäft zwingen, an einen bestimmten Ort zu kommen – aber durch Auflagen und Förderung lässt sich vieles steuern. Bei Planungen für Neubaugebiete ist es z.B. ideal, wenn die Erdgeschoss-Ebenen als Läden, Arztpraxen oder für gastronomische Betriebe genutzt werden, darüber wird gewohnt.
Generell kann man sagen, dass heute im nördlichen Teil von Wandsbek mit seinem hohem Anteil an Grünflächen und Einzelhäusern die Nahversorgung schlechter ist als im Zentrum. Negativ wirken sich auch Supermärkte auf der grünen Wiese aus, da sie Kapazitäten von kleineren Läden, die zu Fuß oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreicht werden, abziehen.
Auch wenn in Wandsbek eigentlich genügend Arztpraxen vorhanden sind, bekommt man oft nur schwer einen Termin, hat lange Wartezeiten und Hausärzte weigern sich, ins Haus zu kommen, obwohl sie zum Hausbesuch verpflichtet sind. Am besten, so rät das Fachamt Gesundheit, sollte man seine Ärztin oder seinen Arzt schon einmal fragen, wie sie oder er es mit Besuchen hält, bevor man darauf angewiesen ist. Und wer allein nicht mehr auf den Facharzt-Stuhl kommt, kann sich erkundigen: Es gibt entsprechend barrierefreie Praxen.
Die bezirkliche Seniorenberatung berät Bürger*innen ab 65 Jahre und ist zuständig bei allen Fragen zur häuslichen Pflege und Hilfen im Haushalt und deren Finanzierung. Dort werden ambulante Dienste vermittelt, die Suche nach einem Heimplatz unterstützt und man arbeitet eng mit dem Sozialamt und dem Grundsicherungsamt zusammen.
Pflegestützpunkte verstehen sich als Pflegelotsen, wenn Leute nicht wissen, an wen sie sich wenden sollen. Die Berater*innen kennen alle Fachstellen für häusliche Umbaumaßnahmen, für Leistung und Finanzierung der Pflegeversicherung, ambulante Pflegedienste oder zum Einbau von einem Hausnotrufsystem.
Die Diakonie mit ihrer Angehörigen Schule weist darauf hin, dass es vermutlich allein in Hamburg 40.000 bis 100.000 pflegende Angehörige gibt, genaue Zahlen sind nicht bekannt. In der Regel sind es Laien, die 70% der Pflegearbeit leisten! Zur Zeit können sich erwerbstätige Angehörige maximal 10 Tage Auszeit am Arbeitsplatz nehmen, um ambulante Pflege oder Heimunterbringung zu klären – und ausreichend finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite ist leider nicht zu erwarten.
Die Alzheimer Gesellschaft Hamburg e.V. ist ein Verein mit 15 Teilzeit-Angestellten und 100 ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen, die gut aufgestellt sind. Es gibt inzwischen einen Treffpunkt für Menschen mit beginnender Demenz, einen Chor mit Sänger*innen mit und ohne Demenz und sogar eine Sportgruppe im Stadtteil Volksdorf. Ziel des Vereins ist es, dass sich demente Menschen nicht zurückziehen, sondern weiter am Leben teilhaben können.
Dem ASB (Arbeiter-Samariter-Bund)-Sozialstation im Stadtteil Jenfeld/Tonndorf ist es wichtig, dass ihr Mitarbeiterstamm überschaubar ist, und sie eine gute Beziehung zu den Pflegefällen haben. Bei einem ersten Besuch wird darüber informiert, welche Hilfen installiert werden können und welche Kosten auf die Patienten zukommen.
Nach der Podiumsrunde informierte die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz über Teilhabemöglichkeiten im Quartier. Wichtig ist eine ausreichende Zahl an Gemeinschaftsräumen, damit Menschen die Chance haben, sich regelmäßig treffen zu können. Und natürlich sind auch nachbarschaftliche Kontakte sehr bedeutend. Um die zu koordinieren wäre ein Quartiersmanagement gut. Man könnte auch Fahrdienste für Arztbesuche organisieren. Wohngemeinschaften werden zur Zeit hauptsächlich für demenzkranke Menschen gegründet.
Nach soviel Input gab es erstmal eine Stärkung mit Kartoffelsalat und Würstchen – wer wollte, bekam sogar ein veganes!
Dann ging es in die Arbeitsgruppen, um mit den Referenten intensiver ins Gespräch zu kommen. Man konnte wählen zwischen zwischen drei Themenkreisen: „Altersgerechtes Wohnen“, „Pflege und Betreuung“ und „Gemeinsam statt einsam“.
Die Diskussions-Ergebnisse aus den verschiedenen Gruppen wurden am Ende in einer letzten Gesprächsrunde vorgestellt. Den Abschluss bildete ein tolles Kuchenbuffet, gespendet von einem BSB-Mitglied! Dabei ließ sich noch gemütlich weiterreden – oder man informierte sich an den vielen Ständen der Beratungsstellen, die auch Flyer und Infomaterial bereit hielten.
Die Mischung aus Vorträgen und Gesprächssrunden wurde sowohl von den Expert*innen als auch von den Teilnehmer*innen als sehr gelungen betrachtet, ein gutes Modell für zukünftige Veranstaltungen!